Sportpsychologie im Unterwasser-Rugby (UWR) - Teamdynamik, Teambuilding und Teamcoaching

Am 8. Oktober hatte ich erneut das Vergnügen, mit Unterwasser-Rugby(UWR)-Teams zu arbeiten. Nach dem ersten Workshop im Juni, in dem es zunächst ganz allgemein um mentales Training in den Bereichen Konzentration, Emotionsregulierung, Zielsetzung und Visualisierung ging (s. Blog und siehe Artikel), stand das Modul 2 nun ganz im Zeichen der Teamdynamik, des Teambuildings und des Teamcoachings.




Für diese Veranstaltung haben wir ein etwas ungewöhnliches und für mich experimentelles Betreuungsdesign ausprobiert: der Workshop fand während eines UWR-Turniertages statt und der Auftrag bestand darin, dass alle drei teilnehmenden Teams gleichermaßen von den Teambuilding-Maßnahmen profitieren sollten. Über den Verlauf eines Tages hinweg sollten sich Spielphasen mit kleinen Teambuildingmaßnahmen abwechseln.

Wir starteten den Tag mit einer gemeinsamen zweistündigen Kick-off-Phase, in der ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein wenig Theorie zu den drei genannten Themenbereichen vorstellte. Diese wurde durch praktische Übungen und Videobeispiele begleitet und bildete die Basis für die weiteren Maßnahmen über den Tag.

Nach dieser ersten Phase startete das UWR-Turnier. Während zwei Teams spielten, kümmerte ich mich um das jeweils spielfreie Team. Dafür hatte ich jeweils ca. 25 Minuten Zeit. Wir zogen uns für die jeweiligen Übungen in eine Ecke des Bades zurück - ein nicht ganz einfaches Unterfangen, das aber ganz gut verdeutlicht, dass die sportpsychologische Arbeit einfach oft "mittendrin" stattfindet (s. Foto).



Das Foto zeigt direkt die erste Übung der Teams. Bereits in der Kick-off-Phase hatte ich die Teammitglieder darum gebeten, Eigenschaften aufzuschreiben, die ihr Team auszeichnen. Diese Charakteristika wurden auf Kärtchen geschrieben, die ich hier, umrandet von einem nicht ganz kreisrunden Seil ausgelegt habe. Als Teil des Teambuildings habe ich die Teammitglieder nun in einem zweiten Schritt darum gebeten, die wichtigste Eigenschaft oder Fähigkeit aufzuschreiben, die sie in das Team einbringen. Die Spieler/innen sollten nun mit einem bewussten Schritt in den Kreis ihres Teams treten, um dort ihren Beitrag deutlich zu machen, indem sie ihre Karte ablegten und dazu einige Worte sagten. Die Übung hatte dabei drei Funktionen: sie sollte erstens dabei helfen, auch visuell noch einmal hervorzuheben, was das Team eigentlich ausmacht. Diese Dinge sind manchmal so implizit, dass es zur Förderung des Zusammenhalts lohnt, sich noch einmal klar zu machen, welche Identität das Team als Ganzes eigentlich hat. Zweitens sollte sich jede/r, die/der Teil des Teams sein möchte durch einen Schritt in den Kreis zu dieser Identität und damit zum Team bekennen. Mit diesem Bekenntnis gehen die Spieler/innen eine Verpflichtung ein. Wie diese unter anderem aussieht, zeigt sich an den Eigenschaften und Fähigkeiten, die jede/r Einzelne zu diesem großen Ganzen beisteuert! Damit wird deutlich, dass das große Ganze abhängig ist von den Beiträgen der einzelnen Teammitglieder und dass jede/r somit wichtig ist!


Eine weitere Übung an diesem Tag bestand darin, positiv miteinander zu kommunizieren, die Person "gegenüber" zu loben, besondere persönliche Eigenschaften oder aber sportspezifische Fähigkeiten hervorzuheben. Diese Übung ist für die meisten zunächst ein wenig befremdlich, zeigt aber immer Wirkung! Die Teilnehmer/innen erkennen, dass es einen sofort positiv stimmt, etwas Nettes über sich zu hören und dass es sowohl eine positive Wirkung auf die andere Person als auch auf einen selbst hat, wenn man ein Kompliment macht. Die Teilnehmer/innen sollten ihr Gegenüber dabei mit Namen ansprechen und der Person dabei ein Wollknäuel zuwerfen, so dass sich nach und nach ein Netz bildete, das dem Teamzusammenhalt symbolisiert sollte. Die positive Energie, die durch diese positive Kommunikation entsteht und das Netz zusammenhält, kann und soll das Team auch in schwierigen Phasen zusammenhalten. Erst unter Druck zeigt sich oft, wie eng die Teammitglieder wirklich zusammen stehen. 

Am Schluss der praktischen Übungen ging es dann in der klassischen Übung "Sitzkreis" (s. Linz, 2004, S.31) noch um das Vertrauen und um die Führung im Team. Der Teamcaptain oder der Coach des Teams hatte die Aufgabe, sein Team in einem Kreis hintereinander (im Uhrzeigersinn) stehend so zu koordinieren, dass sich auf ein klares Kommando hin alle auf die Oberschenkel des Hintermannes setzen. Diese Übung erfordert klare Anweisungen von der verantwortlichen Person und sie zwingt die Teammitglieder dazu, der verantwortlichen Person und einander zu vertrauen. Ohne Vertrauen und klare Ansagen funktioniert diese Übung nicht. Der Kreis zerfällt. Die Übung macht deutlich, dass man im Team die anderen Teammitglieder im wahrsten Sinne des Wortes er"tragen" muss, dass es aber auch in Ordnung ist, sich den anderen aufzubürden, die einen in dem Moment tragen müssen. Auch hier handelt es sich wieder um eine Übung mit viel Symbolik, die aber oft sehr hilfreich ist, um Begriffe wie Vertrauen und Führung zu verdeutlichen.

Neben den Übungen habe ich mir über den Tag hinweg die Kommunikation in den Teams - insbesondere die der Teamcaptains und Trainer mit ihren Teams - angeschaut und ihnen Rückmeldung dazu gegeben, was sie in ihrer Kommunikation bereits gut machen und an welchen Stellen noch Verbesserungsbedarf besteht.


Mein Fazit zu diesem methodischen Experiment in Sachen Teambuilding fällt am Ende des Tages durchaus positiv aus. Obwohl es doch weit weg war von einer klassischen Teambuilding-Maßnahme, bei der es allein um eine Mannschaft geht, mit der man mindestens über mehrere Stunden und bestenfalls kontinuierlich zusammenarbeitet, hatte ich doch das Gefühl, jedem Team einige Impulse mitgegeben zu haben. Bereits zu Beginn der Maßnahme hatte ich den Mannschaften erklärt, dass es in einem so beschränkten Zeitrahmen lediglich möglich ist, Gedanken und Prozesse anzustoßen, dass aber letzten Endes für eine durchschlagende Wirkung eine längere Intervention nötig wäre. Vor dem Hintergrund dieser Transparenz hinsichtlich der Begrenztheit der Mittel und Wirkungen ließ es sich aus meiner Sicht dennoch seriös sportpsychologisch arbeiten. Die Spielerinnen und Spieler selbst äußerten sich positiv über die Maßnahme und konnten nach eigener Aussage für ihre weitere Arbeit Einiges mitnehmen.


Literatur: 

Linz, L. (2004). Erfolgreiches Teamcoaching. Aachen: Meyer & Meyer Verlag.

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